Angkor – „Große Tour“
Liebes ReiseTagebuch,
Auch die „Große Tour“ durch Angkor starteten wir rückwärts und für den Sonnenaufgang fuhr uns unser Tuk Tuk Fahrer, der pünktlich um 4:45 Uhr vor Mommy stand, zum Pre Rup Tempel, der von Rajendravarman II beauftragt und aus Ziegel erbaut wurde. Es war stockduster als wir dort ankamen und man konnte die Hand vor Augen nicht erkennen. Zum Glück haben wir immer eine Taschenlampe im Tagesrucksack und so erklommen wir den Tempel ohne Probleme. Es war schon etwas spooky im Dunkeln durch den Tempel zu wandern, aber sehr aufregend und spannend.
Oben angekommen trafen wir auf ein schwules Pärchen, ansonsten war die Anlage verlassen. Wir schalteten erst mal Google Maps ein, um herauszufinden wo denn überhaupt Osten ist, um ja den richtigen Spot für die Kamera zu finden und uns richtig zu platzieren. Dort verharrten wir und warteten. Abgesehen von Mönchsgesang und der erwachenden Natur war kein Geräusch zu hören. Traumhaft! Der Sonnenaufgang war leider nicht so spektakulär, da es nachts geregnet hatte und der Himmel immer noch leicht wolkenverhangen war. Aber man kann nicht immer alles haben und so lange es nicht regnet …! Nach und nach wurde es heller und bald nahm die schemenhafte Anlage Form an, bis wir den kompletten Tempel sehen konnten. Ganz schön hoch und groß. Wow. Im Tageslicht erkundeten wir dann noch Pre Rup, bevor wir uns zu unserem Fahrer aufmachten, der gechillt in seiner Hängematte lag, die er aber hastig wegräumte, als er uns erblickte.
Als nächstes standen folgende Tempel auf dem Programm:
1. Eastern Mebon:
Der Hindu Tempel Eastern Mebon lag ursprünglich auf einer Insel in der Mitte eines, von Yasorvarman I beauftragten, Wasserreservoir, der vom Siem Reap Fluss gespeist wurde und heute leider ausgetrocknet ist. Der Grund des aus Ziegeln erbauten Tempels wird auf der zweiten Ebene an seinen vier Ecken von Elefanten Statuen bewacht, die alle noch sehr gut erhalten sind. Äußerlich ähnelt der Tempel sehr Pre Rup. Wir waren die Einzigen vor Ort und noch nicht mal die Essensstände waren zu dieser frühen Stunde geöffnet.
2. Ta Som:
Auch dieser buddhistische Tempel wurde von Jayavarman VII im späten 12. Jahrhundert errichtet. Ta Som wurde vom WMF (= World Monuments Fund) restauriert und gehört für mich zu den schönsten Tempel Angkors. Zwar kann er von der Größe mit anderen Tempeln nicht mithalten, aber durch seine Abgeschiedenheit herrscht dort eine wunderbare Stille und man kann die Anlage in Ruhe bestaunen. Auch hier hat der Dschungel zum Teil die Türme und Eingänge eingenommen und wer in Ta Prohm keine Chance hatte Fotos ohne Menschenmassen zu schießen, hat sie definitiv hier.
3. Preah Neak Pean:
Klein aber fein, passt hier am besten. Obwohl die Ausmaße früher bestimmt beeindruckend gewesen sein müssen. Um zur Anlage – einem quadratischen Wasserbecken – zu kommen, läuft man über einen langen Holzsteg. Im Zentrum dieses Beckens befindet sich eine kleine Insel, ursprünglich von zwei Schlangen umringt, deren Schwänze miteinander verflochten waren. Aus diesem Grund heißt diese Anlage auch „Tempel der ineinandergeschlungenen Schlangen“. Weiter befanden sich im Becken um die Insel vier Statuen, von denen nur noch eine erhalten ist. Das Becken wurde früher für reinigende Riten verwendet und diente als Staubecken.
4. Preah Khan:
Preah Khan bedeutet „Heiliges Schwert“ und gehört zu den größten Anlagen Angkors. Ich hatte das Gefühl mich in einem Labyrinth aus zahlreichen und reich verzierten Gängen zu befinden und fand die Anlage von Anfang an sehr reizvoll. Aufgrund der Hilfe des „World Monuments Fund“ ist der Tempel in einem recht guten Zustand, obwohl man ab und an das Gefühl hat in Ta Prohm zu sein. Das Zentrum des Tempels, in der sich eine Stupa befindet, kann durch vier, nach den Himmelsrichtungen ausgerichtete Korridore und Tore erreicht werden. Jeder Korridor ist einem Gott gewidmet, wobei der östliche Gang immer gleich hohe Tore hat. Dieser Eingang ist dem Mahayana Buddhismus gewidmet und durfte nur vom König verwendet werden. Die anderen Richtung wurden zu Ehren Shiva, Vishnu und Brahma erbaut und je näher man in das Zentrum kam, umso niedriger wurden die Tore. Diese Bautechnik zwang das Gefolge des Königs gebückt ins Zentrum zu kommen – ein Zeichen der Unterwürfigkeit und Ehrerbietung. Das Zentrum um der Stupa herum war bei Festlichkeiten von edelsteinbesetzten Kacheln verziert. Heute sind nur noch Löcher in der Wand übrig, in denen die Kacheln befestigt waren. Eine lotusförmige Öffnung ließ zu einer bestimmten Uhrzeit direktes Sonnenlicht auf der Stupa fallen. Mit der Reflektion der Edelsteine muss das bombastisch ausgesehen haben. Woher ich das alles weiß? Ein Einheimischer hat es mir verraten und machte auch ein tolles Foto von Felix und mir mit der Lotusöffnung in der Hand.
5. Angkor Thom:
Den Bayon Tempel, Teil von Angkor Thom, haben wir ja gestern schon erkundet. Heute war der Rest der Stadt dran. Angefangen haben wir mit den Elefantenterrassen, welche für öffentliche Zeremonien verwendet wurde und dem König eine perfekte Übersicht über die Massen gab. Nach einem kleinen Spaziergang über die Terrassen gelangten wir in einen ummauerten Bereich (= Royal Enclousures) in dessen Mitte sich der Phimeanakas befindet. Die damalige Schönheit des pyramidenförmigen Tempels kann man nur noch erahnen, denn viel ist davon nicht mehr übrig. Dennoch lohnt es durch die Gegend zu spazieren, um die Größe richtig begreifen zu können. Wir sind rechts am Phimeanakas vorbei und haben im Süden das ummauerte Gelände verlassen. Dieser Ausgang lohnt sich definitiv, denn hier erfasst einen ein „Tomb Raider Feeling“ – auf der Suche nach einem verborgenen Schatz oder so in der Art :-). Folgt man einem Pfad kommt man am hinteren Teil von Baphuon Tempel heraus, welcher als das weltgrößte Puzzle bezeichnet wird. Restaurationsarbeiten mussten aufgrund des Bürgerkrieges in Kambodscha für 25 Jahre unterbrochen werden. Danach war es recht schwer die 300.000 Steine wieder an Ort und Stelle unterzubringen. Eine Meisterleistung, die immer noch nicht ganz fertig gestellt ist! Auf der Westseite von Baphuon wird man, wenn man ihn erkennt, von einem liegenden, ca. 60 Meter langen, Buddha angelächelt. Er wurde nie fertiggestellt und deswegen nur schwer auszumachen. Baphuon ist im Zentrum 43 Meter hoch, hat einen fast pyramidenhaftigen Aufbau und war das Zentrum der Hauptstadt vor der Existenz von Angkor Thom.
Da wir mit unserer Tour durch Angkor so früh gestartet hatten, waren nur vereinzelt Touristen unterwegs und auch von der Hitze waren wir verschont geblieben. Eine Wohltat und ich kann nur jedem dazu raten, sich morgens aus dem Bett zu quälen. Somit waren wir auch schon nach vier Stunden, anstatt den kalkulierten fünf, mit der „Großen Tour“ durch. Ehrlich gesagt waren wir danach auch nicht mehr aufnahmefähig und froh darüber als wir in der Pub Street abgesetzt wurden. Zielstrebig gingen wir ins Warehouse Restaurant: Kaffee- und Baguettezeit. Während wir genüsslich unser Mittagessen zu uns nahmen, schauten wir ein Lehrvideo an, welches zwischen kambodschanischen Musikvideos ausgestrahlt wurde. Rauche nicht, verkaufe keine Drogen oder Waffen und schließe immer dein Moped ab. Meiner Meinung nach hätten sie noch mit aufnehmen sollen, werfe deinen Müll nicht in die Landschaft. Zwar werden Plastikflaschen und Dosen fleißig eingesammelt, aber alles andere wird rücksichtslos fallen und liegen gelassen.
Felix‘ Haare sind in den letzten 20 Tagen extrem gewachsen und er ging das Wagnis ein, einen Friseur aufzusuchen. Friseur wäre übertrieben, im europäischen Sinn, denn der „Salon“ bestand aus einem Stuhl, einem großen Spiegel und unterschiedlichen Scheren, die ich bei meinem Friseur noch nie gesehen habe, sowie einem manuell betriebenen Rasierapparat. Egal, er saß, hatte das Bild aus seinem Ausweis gezeigt, welches sich der Herr genau anschaute und schon ging es los. Nach zehn Minuten und drei Dollar leichter, waren die Haare ab, ausgedünnt und ich muss sagen, der Herr verstand sein Handwerk. Tip Top und auch Felix war sehr zufrieden.
Auf unseren Erkundungstouren durch Siem Reap ist uns eine Fußgängerampel aufgefallen, die wir besonders klasse fanden. Die Ampel zeigt nicht nur die Zeit an, die einem bis zur nächsten Rotphase bleibt, sondern auch das Ampelmännchen wird immer schneller. Voll genial. Das mussten wir filmen. Danach organisierten wir unsere Weiterfahrt nach Sihanouk Ville und entschieden uns für einen Nachtbus am nächsten Abend.
Zum Abendessen machten wir uns auf zum Curry Walla, welches ich ausnahmsweise aus dem Reiseführer ausgesucht hatte. Boah, ein Traum und jeder, der mal nach einer Alternative zur kambodschanischen Küche sucht und indischem Essen gegenüber nicht abgeneigt ist, sollte hier vorbeischauen. Ich hatte ein Thali und einen Mango Lassi, Felix ein Tikka Massala und zusammen haben wir uns noch Samosas und Naan geteilt. Wirklich authentisch, große Portionen und ihr werdet nicht enttäuscht. Auch die Engländerin, die auf Grund unserer Empfehlung Platz nahm, war begeistert.
0
Schreibe einen Kommentar