
Into the wild
Alberta hat neben den großen Nationalparks Banff und Jasper auch drei kleinere Provincial Parks, darunter den Elk Island National Park, der ca. 50 Kilometer östlich von der Stadt Edmonton liegt. Der 194 Quadrat metergroße, komplett eingezäunte Park, ist das erste Großwildschutzgebiet Kanadas, welches 1906 von der Regierung gegründet wurde. Der Nationalpark liegt in den „Beaver Hills“, einer Landschaft aus Seen und Teichen geprägt durch Espenwald und Graslandschaft. Es ist die Heimat der Big-Six der Huftiere. Darunter Bisons, Maultierhirsche, Virginahirsche, Waipitis und der seltene amerikanische Elch. Die im 19. Jahrhundert ausgerotteten Biber, wurden erst 1942 wieder angesiedelt und vermehrten sich rasch.

Schon am Vorabend packten wir den Truck mit allem was man für eine Übernachtung in einem Tipi so benötigt. Feldbetten, Schlafsäcke, Kissen, Mückenspray, Lampe, Töpfe, Campingstühle, einen Grill und noch viele weitere Dinge, die für‘s Überleben in der Wildnis hilfreich sind. Die Kleidung und das Essen folgten am nächsten morgen. Zum Schluss wurden Cooper und Lazy, Nataschas Hunde, in den Truck buxiert und um ca. 8:00 Uhr fuhren wir voll beladen mit einem Kaffee in der Hand von der Ranch.
Für die ca. 280 Kilometer lange Strecke, kalkulierten wir knapp drei Stunden ein. Darin eingeschlossen ein kurzer Abstecher, um die Hunde im „Hundehotel“ abzugeben und natürlich, um unseren Kaffeevorrat aufzufüllen. Sehr schnell hatte sich herausgestellt, dass Natascha und ich eine gemeinsame Leidenschaft haben: Kaffee.

Über die Nationalstraße 2 fuhren wir schnurgerade Richtung Norden, der Stadt Edmonton entgegen. Die Zeit verbrachten wir quatschend und den 80er Jahre Kanal hörend. Die Zeit verging wie im Flug und schon bald bogen wir auf den Alberta Highway 16 ab, der den Elk Island National Park durchquert. Fast wären wir am südlichen Eingang vorbeigefahren, bekamen aber gerade noch so die Kurve und fuhren glücklich, unser Ziel erreicht zu haben, zum Eingang. Dort stellten wir den Truck erst mal ab, dehnten unsere müden Knochen und nutzen die Gelegenheit auf einen Toilettengang.
Voller Tatendrang stiegen wir wieder in den Truck und starteten unsere Erkundungstour. Die Hoffnung war groß hier auf freilaufende Bisons und Elche zu treffen, dass ich mich kaum zusammenreißen konnte. Am Wärterhäuschen zeigten wir unseren Nationalpark-Pass vor, den Natascha im Vorfeld schon besorgt hatte und deckten uns mit einer Karte des Parks ein. Während Natascha gemütlich weiterfuhr, studierte ich die Karte. Ich entdeckte die Bison Loop Road, vielleicht ist uns das Glück Hold und wir sehen gleich zu Beginn unseres Trips Bisons? Natascha bog sogleich auf den Loop und am ersten „roten Stuhl“ – eine Aktion der kanadischen Regierung, um auf besonders schönen Plätzen aufmerksam zu machen – machten wir Rast. Wir setzten uns auf die Stühle, sogen die Sonnenstrahlen in uns auf und genossen die beeindruckende Landschaft. Leider ohne Bisons.

Bison Loop Road und Astotin Lake
Der Loop ist nicht groß und schon bald stießen wir wieder auf den Elk Island Parkway, der quer durch den Park läuft. Unsere Fahrt führte uns in den Norden zum Astotin Lake, dem größtem See im Elk National Park. Dort kauften wir uns am Golfplatz zwei Flaschen Wasser, gingen zum Wasser und vertraten uns am Strand ein bisschen die Füße. Die Luft war herrlich, die Sonne gab ihr Bestes und die umliegende Berge rahmten das herrliche Stück Natur ein. Kurzentschlossen nahmen wir den ersten kurzen Trail, den „Living Waters Boardwalk“, der direkt am Astotin Theater beginnt. Der schwimmende Holzsteg über den Astotin Lake ist recht neu angelegt und die Aussicht auf das spiegelnde Wasser und die Ruhe sind einfach nur herrlich. Ab und zu kreuzten Enten und Wasservögel den ruhigen See und Natascha und ich sogen den Moment in uns auf!

Der Hunger ließ den Rückweg einläuten und wir entschlossen uns als nächstes zu unserer Unterkunft dem „Elk Island Retreat“ in dem Natascha ein Tipi für die Nacht gemietet hatte, zu gehen. Meine erste Nacht in einem richtigen Tipi, Vorfreude und Abenteuerlust machten sich breit. Unser Tipi befand sich am äußersten Rand des Geländes mit einem eigenem „Outhouse“ (Plumpsklo). Direkt am Tipi befand sich noch eine überdachte Sitzmöglichkeit mit eigenem Grill sowie eine Feuerstelle. Wir richteten unser Tipi ein, schlugen unsere Feldbetten auf und machten uns dann daran unsere Kühltruhe zu plündern.

Auf der Flucht auf dem Amisk Wuche Trail
Es war ca. 15:00 Uhr als wir uns auf zum „Amisk Wuche Trail“ aufmachten. Wir fanden den dortigen Parkplatz auf Anhieb, sprühten uns kräftig mit Antimücken Spray der biologischen Sorte ein und starteten sogleich den 2,5 Kilometer langen Rundweg. Amisk Wuche ist der Cree-Name für die Beaver Hills.
Wir marschierten durch einen Wald aus Espen, Birken und Fichten und wagten uns auf recht krumme und wackelige Holzstege, um den Rundweg zu folgen. Die Aussicht auf die Bibernester sowie die glitzernden Teiche und Tümpel sah einfach klasse aus. Weiter ging es durch den Wald und gerade als wir uns auf der Hälfte des Rundweges befand, kamen sie die kleinen Biester. Gemeint sind die Mücken, die uns trotz unseres Antimücken Spray zum Fressen gern hatten. Vergessen war die tolle Landschaft, denn wir hatten nur noch ein Ziel vor Auge: so schnell wie möglich ins Auto zu kommen.

Für diesen Tag war unser Abenteuerlust gestillt. Wir fuhren zurück zu unserem Tipi, froh den Mücken entkommen zu sein. Bei einem leckeren Wein am Feuer ließen wir den Tag Revue passieren und schworen uns morgen definitiv das nicht ökologisch wertvolle Mückenspray zu verwenden. Unser Abendessen bestand aus leckeren Bratwürstchen im Brötchen mit Hummus und Karotten und Paprika. Genau so wie es zum Campen gehört!
Die Suche nach den Big Six, oder zumindest einem davon
Nachdem uns am ersten Tag weder Elch noch Bison vor die Linse kamen, wollten wir es am zweiten Tag natürlich wissen. Wir entschieden uns für den „Moss Lake Trail“, einem 13 Kilometer langen Rundweg auf dem man Büffel, Elche, Hirsche und Biber sichten kann. Doch zuerst Kaffee und Bagels zum Frühstück. Mit der Unterstützung eines zweiten Kaffees packten wir unsere sieben Sachen zusammen, warfen noch einen wehmütigen Blick auf unser Tipi und fuhren dann – eine Staubwolke hinter uns lassend – zum Parkplatz des Moss Lake Trail.

Diese Mal machten wir nicht den Fehler uns auf das Bio-Mücken Spray zu verlassen und setzten die Chemiekeule ein. Wir wollten die Natur genießen und hoffentlich auch auf ein paar Tiere treffen. Gut gelaunt marschierten wir los. Der Weg selbst ist als Schleife angelegt, der durch Espenwälder, Wiesen, Sümpfe und Sandhügel führt. Die Westseite hingegen ist von Biberdämmen geprägt. Ein schöner Spaziergang mit ein paar kleineren Hügeln, der durch die wechselnde Natur nie langweilig wurde. Begleitet wurden wir immer wieder von Eichhörnchen, die uns entweder nur neugierig anschauten oder das Motzen anfingen. Wir kamen an großen Wespennestern vorbei und mussten über den ein oder anderen Kothaufen einen großen Schritt machen. Doch auch wenn diese noch zum Teil recht frisch aussahen, blieben die dazugehörigen Tiere leider weg. Ich muss zugeben, dass die Enttäuschung sich breit machte je näher wir dem Ende der Trails kamen. Aber auch auf den letztem Kilometern war das Glück nicht auf unserer Seite und somit kamen wir leicht entmutigt wieder am Parkplatz an.

Tja, das sollte wohl nicht sein. Nati versuchte meine Laune damit zu heben, dass sie mir die Aussicht auf die Big-Six in Banff und Jasper schmackhaft machte. Chancen auf sie zu treffen, waren ja noch vorhanden. Die restlichen Zweifel kaute ich mit ein paar Gummibärchen herunter. Leider hieß es nun auch Abschied nehmen vom Elk Island National Park. So setzten wir uns in den Truck und bogen langsam vom Parkplatz wieder auf den Elk Island Parkway ab. In meiner Tasche suchend, schreckte ich nach oben, als Nati meinte „Schau mal da“. Da liefen sie. Drei Büffel am Straßenrand, die anscheinend gerade die Straße überquert hatten. Sie warfen uns noch einen unbeteiligten Blick zu und verschwanden dann im Dickicht. Wow, diese stolzen Tiere in freier Natur zu sehen und dann auch noch so nah, ist schon ein Erlebnis. Meine Laune wurde schlagartig besser, auch wenn keine Zeit war, um Fotos zu machen.
Richtung Ausgang fahrend, philosophierten wir über unser spätes Glück und mein Blick schweifte ein letztes Mal über die Landschaft. Was ich da zu sehen bekam, konnte ich kaum glauben. Aufgeregt wir ein kleines Kind machte ich Nati auf die Horde Büffel aufmerksam die links von uns auf der Wiese weideten. Insgesamt ca. 10 Tiere, mit einem Leitbullen und einem Kalb, die es sich am Ende des Bison Loop gemütlich gemacht hatten. Was für ein Anblick. Schnell bog Nati in den Loop ein, während ich meine Kamera startklar machte.

Ende gut – alles gut. Oder: Unverhofft, kommt oft. Auf jeden Fall war dies ein krönender Abschluss durch den Elk Island National Park und wir machten uns glücklich auf den Heimweg.
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